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Biels Begegnungen mit Wien
Als ausgesprochen weltoffene Stadt ist Biel mit den verschiedensten Städten in näheren Kontakt getreten. Zu den intensivsten und langfristigsten Begegnungen gehören jene mit der Stadt Wien. Nähere Beziehungen begannen im Rahmen einer gesamtschweizerischen Hilfsaktion für das hungernde Wien kurz nach dem Ersten Weltkrieg. In den folgenden Jahren liessen sich viele Bielerinnen und Bieler von den modernen Ideen inspirieren, die von der wieder aufstrebenden Donaumetropole ausgingen.
Als am 11. November 1918 die Waffen schwiegen, hofften Millionen von Menschen auf den Beginn einer besseren Zeit. Tatsächlich kam es kurz darauf in mehreren Ländern zu sozialen Fortschritten, aber die Neuordnung Europas brachte mancherorts auch neues Leid. Zum Beispiel kam es im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der Donaumonarchie und einer Blockade der Alliierten zu einer Versorgungskrise im von den Kriegsjahren bereits arg gezeichneten Wien. Als im Winter 1918/1919 die ersten Hungertoten zu beklagen waren, beschloss der Bundesrat, für die notleidendende Stadt eine Hilfsaktion zu lancieren. Im Rahmen der dieser Aktion kam es auch in Biel zur Bildung eines Hilfskomitees, dem Vertreter der beiden grossen Parteien angehörten.
Viele Bielerinnen und Bieler, die in Wien Hilfe leisten wollten, kamen mit neuen Ideen zurück. Aus direkten Begegnungen entwickelten sich Freundschaften, und bald begeisterten sich viele Bielerinnen und Bieler für die Neuerungen, die im Wien der Zwanzigerjahre umgesetzt wurden. Zum Beispiel ging die Gründung der Bieler Kinderfreunde 1922 auf Begegnungen zurück, die der Lehrer Albert Hofer in Wien gemacht hatte. Das "Rote Wien", 1918-1934 die grösste sozialdemokratisch regierte Stadt der Welt, inspirierte auch die Bieler Kommunalpolitik, denn auch in Biel regierte seit 1921 eine linke Mehrheit. Am sichtbarsten wurden die Einflüsse aus Wien im Wohnungsbau und in der Bodenpolitik, die auf die Schaffung von billigem Wohnraum abzielte.
Das gewaltsame Ende des "Roten Wien" durch den Putsch der Austrofaschisten im Februar 1934 bedeutete ein vorläufiges Ende der regen Kontakte zwischen den beiden Städten. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kam es noch einmal zu einer intensiven Begegnung. Als das vom Krieg gezeichnete Wien 1946 um Hilfe bat, lancierten engagierte Bieler eine Hilfsaktion, die dem besonders schwer leidenden Arbeiterquartier Wien-Floridsdorf zugute kommen sollte. Mit der Aktion "Biel hilft Floridsdorf", die auch von zahlreichen Gemeinden des Seelandes mitgetragen wurde, begann eine zweite Phase langjähriger Kontakte zwischen Biel und der Donaumetropole. Das sichtbarste Zeichen dieser erneuerten Freundschaft ist noch heute zu besichtigen: Am 26. Juni 1948 wurde die "rote Burg", eine städtische Wohnhausanlage in Floridsdorf, auf den Namen "Bieler Hof" umbenannt.