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Der Bieler Bahnhof

Ein Gebäude in der Tradition der Bahnhofarchitektur des 19. Jahrhunderts


Wer Biel mit dem Zug verlassen will, macht mit dem Gang über den Bieler Bahnhofplatz eine kleine architektonische Zeitreise: Hinter dem Reisenden liegt das im Stil des Neuen Bauens errichtete Bahnhofquartier, das noch heute modern wirkt. Vor ihm erhebt sich ein symmetrisch angelegtes Bahnhofgebäude, dessen mittlerer Teil an einen griechischen Tempel erinnert. Warum wurde für das soeben renovierte, im Jahr 1923 eingeweihte dritte Bieler Bahnhofsgebäude die Form eines Tempels gewählt? 

Der Bieler Eric Sandmeier gab dazu folgende Erklärung: Im 19. Jahrhundert, als der technische Fortschritt eine radikale Beschleunigung des Alltagslebens bewirkte, versuchten die meisten Architekten, den allzu brüsken Sprung in die Zukunft etwas abzufedern. Wie um die Umwälzungen, welche die Eisenbahn in die Stadt gebracht hatte, vergessen zu machen, verliehen sie fast allen Bahnhöfen des 19. Jahrhunderts ein an der Vergangenheit orientiertes Gesicht. Sie erinnerten an griechische Tempel, römische Markthallen und gotische Kathedralen. Dieser verbreitete Rückgriff auf Vergangenes war Ausdruck einer Furcht vor der rasanten Ausbreitung einer Modernität, die schon damals mehr beunruhigte als Sicherheit vermittelte. Die Bahnhofarchitektur versuchte also während eines guten Jahrhunderts, die Angst vor einer Moderne zu zerstreuen, die wie eine Aggression empfunden wurde. 

Die modern geprägte Umgebung des Bieler Bahnhofgebäudes verstärkt diese Wirkung zusätzlich. Von der Bahnhofstrasse aus gesehen erscheint der von einem Giebeldreieck gekrönte Haupteingang wie das Symbol eines Tores zur Welt - die Giebeldreiecke der Griechen und Römer, die Embleme der Eroberung und der Weltaneignung waren, scheinen noch nachzuwirken. Doch besonders dominant wirkt das Sinnbild einer neuen Macht: Die alles regelnde Uhr, die von zwei Figuren eingerahmt wird.
 

Zu Beginn der Renovationsarbeiten im Bieler Bahnhof hat mémreg für Sie eine Bildergalerie zusammengestellt, die an die ersten Jahre des Bahnhofs erinnert. In einem Filmbeitrag haben wir folgende Personen zur Bedeutung des Wartsaals, des Buffets und zu den vorgesehenen Veränderungen befragt
(für Filmbeitrag bitte ganz nach unten scrollen):
  1. Wartsaal: Wandgemälde von Philippe Robert
  2. Interview mit Margrit Wick (Historikerin)
  3. Lesung von Christoph Lörtscher (mémreg)
  4. Interview mit einem Senioren, der im Wartsaal Zeitung liest
  5. Interview mit Jörg Steiner (Schriftsteller)
  6. Interview mit einer jungen Frau, die im Wartsaal ein Buch liest
  7. Interview mit Franz Widmer, Sohn von David Widmer (1888-1974; Gérant im Bahnhofbuffet Biel von 1917 bis1947)
  8. historische Filmausschnitte