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Die Uhrenindustrie in Biel
Von Genf aus verbreitete sich die Uhrenindustrie ab Mitte des 16. Jahrhunderts nordöstlich entlang des Juras – in Biel wurde sie aktiv gefördert und war damit Katalysator der industriellen Entwicklung.
Uhrenarbeiterinnen in der «Tavannes Watch Co.», zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
1842 schloss die Bieler Indiennefabrik der Gebrüder Verdan ihre Pforten – ein herber Rückschlag für die industrielle Entwicklung der Stadt Biel. Der Rat suchte nach Alternativen in anderen Industriezweigen: Die Uhrmacherei, die bereits von Genf über den Waadtländer und Neuenburger Jura bis zum Berner Jura vorgedrungen war, schien als Ersatz bestens geeignet.
Ernst Schüler, politischer Flüchtling aus dem vorrevolutionären Deutschland, spielte bei der Ansiedlung von Uhrenfabrikanten in Biel die entscheidende Rolle: Er beantragte im Bieler Gemeinderat, es sei den zwölf zuerst in Biel einziehenden Uhrmacherfamilien das Einzugs- und Einsassengeld auf ein Jahr zu erlassen.
Der Gemeinderat liess sich von Schülers Forderungen überzeugen und ging sogar über dessen Antrag hinaus: Am 8. Mai 1844 beschloss er, allen in diesem Jahr noch einziehenden Uhrmachern die besagten Gebühren zu erlassen. Die Standortanreize für die Uhrmacher wurden in den folgenden Jahren sukzessive ausgebaut – und auch mit der Niederlassungsfreiheit nach der Gründung des Bundesstaats 1848 hielt der Zustrom an: Zwischen 1844 und 1859 wanderten über 1700 Uhrmacher in Biel ein.
Im Zuge der Industrialisierung entstanden die ersten Manufakturen und Uhrenfabriken und konkurrenzierten zunehmend die kleinen, spezialisierten Ateliers. 1872 wurde auf Anstoss des Uhrmachers Emil Brunner-Bridel in Biel die Uhrmacherschule eröffnet.
Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte wechselten sich Krisen und Höhenflüge in der Uhrenindustrie ab; in der Geschichte Biels spielte sie eine entscheidende Rolle in der wirtschaftlichen und damit auch sozialen und politischen Entwicklung der Stadt.
Quelle: Kästli, Tobias: Die Vergangenheit der Zukunftsstadt. Arbeiterbewegung, Fortschritt und Krisen in Biel, 1815-1919, Bern 1989, S. 42-44 / 72-80.