Historisches Archiv der Region Biel, Seeland und Berner Jura

Die Anfänge der Fahrradfabrik Cosmos in Madretsch

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Die Anfänge der Schweizerischen Fahrradindustrie

Die Schweizerische Fahrradindustrie entwickelte sich erst im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts. 1889 begann die Firma Jakob Rüegg in Uster mit der Fabrikation von Fahrrädern, kurz darauf folgten die Firmen van Leisen in Genf und Flammer in Basel. In der Regel mussten die wesentlichen Fahrrad-Bestandteile importiert werden, meistens aus England.

Theodor Schild, Gründer der Velofabrik Cosmos in Madretsch

Als Sohn des Grenchner Uhrenfabrikanten und Nationalrats Urs Schild-Rust wurde Theodor Schild früh mit unternehmerischem Denken vertraut. Nach dem Studium als Maschineningenieur am Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich sammelte er in Lille (Frankreich) und später in Birmingham (Grossbritannien) berufliche Erfahrungen - er beteiligte sich an der Konstruktion von Dampfmaschinen, Gasmotoren, Worthington-Pumpen und weiteren Geräten. Infolge der Erkrankung seiner Mutter entschloss sich Schild zur Rückkehr in die Schweiz. Doch noch vor seiner Rückkehr studierte er in Birmingham und Coventry die Produktion von Fahrrädern. Schild hatte sich bereits das Ziel gesetzt, in der Schweiz mit der Produktion eigener Fahrräder zu beginnen, denn er war davon überzeugt, dass dieses Verkehrsmittel eine grosse Zukunft vor sich habe. Wie Recht er hatte! Rollten um 1900 etwa 80 000 Fahrräder über die Schweizer Strassen, waren es 1910 bereits 180 000. Doch noch immer blieb der Kauf eines Fahrrades für viele unerschwinglich. Im Jahr 1908 kostete ein Fahrrad noch 380 Stundenlöhne eines Uhrmachers. Und noch zu Beginn der 1930er-Jahre musste ein Uhrenarbeiter etwa 150 Stundenlöhne ansparen, bis er ein neues Fahrrad erwerben konnte. 

Die Anfänge der Velofabrik Cosmos in Madretsch

Die Gründung und Pionierzeit der "Velosfabrik Th Schild &Co" in Madretsch verlief nach einem typischen Muster. Die Gründung der Firma wurde im Herbst 1894 möglich, als Schilds Mutter Elise bereit war, dieses Vorhaben finanziell zu unterstützen. Schild mietete den Betrieb in der damals leer stehenden Uhrenfabrik "Seeland" in Madretsch ein. Anfänglich entwickelte sich die Produktion nur langsam, denn in dieser neuen Branche fehlte es an Facharbeitern. Mit der Fahrradproduktion vertraute Arbeiter mussten aus dem Ausland geholt oder in Madretsch angelernt werden. Ebenso war der Betrieb für viele Bestandteile vom Ausland abhängig. Nahtlose Rohre, Weichguss-Verbindungsstücke, Ketten, Speichen, Felgen und Pneus zum Beispiel mussten aus England, Frankreich oder Deutschland eingeführt werden. Doch im Frühjahr 1895 kamen die ersten Cosmos-Fahrräder auf den Markt und fanden eine recht gute Aufnahme.

Erste Erfolge

Anfänglich standen viele dem neuen Schweizer Fahrrad skeptisch gegenüber. Manche behaupteten, nur ein englisches oder französisches Fahhrrad könne den Anforderungen genügen. Doch infolge von direkten Erfahrungen änderte sich das Urteil. Insbesondere die jungen Sportler interessierten sich sehr für die Cosmos-Fahrräder. Und auch der offizielle Erfolg blieb nicht aus: Schon im Jahr 1896 wurden die verschiedenen Modelle der Firma - Tourenrad, Renner, Tandem, Triplett und Dreirad - an der Genfer Landesausstellung lobend erwähnt und prämiert. Der Geschäftsgang erlaubte es, das Fabrikgebäude 1897 käuflich zu erwerben. Damit war der Sitz der Firma Cosmos in Madretsch - und später in Biel - fest verankert.
Die Cosmos-Räder waren bis zum Ersten Weltkrieg bei allen Schweizer Strassenrennen im Einsatz, 1911 brachten sie den Bieler Radsportlern Robert und Emil Chopard den 1. und 2. Preis in der Schweizer Strassenmeisterschaft. Solche Erfolge trugen massgeblich zum guten Geschäftsverlauf der Firma bei. Doch obwohl der Absatz von Rennvelos sich sehr erfreulich entwickelte, diversifizierte Cosmos die Produktion: Ab dem Jahr 1905 belieferte die Fabrik auch die Schweizer Armee mit Fahrrädern.

Zum Weiterlesen:

50 Jahre Velosfabrik Cosmos B. Schild &Cie AG Biel, 1894-1944

Mit Flügeln die Welt erobert. Die Bieler Zweiradindustrie. Dr. Ingrid Ehrensperger, in: Velo-Special, Museum Neuhaus/ETS Magglingen, Biel-Bienne vom 17./18. August 1989



Autor: Christoph Lörtscher / Quelle: 2010