Archives historiques de la région de Bienne, du Seeland et du Jura bernois

Einige Daten zur Geschichte der Jurafrage

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1815 Die Diplomaten des Wiener Kongresses unterschreiben am 20. März eine Erklärung deren Artikel 3 wie folgt lautet: "Da die Eidgenossenschaft ihren Willen zum Ausdruck gebracht hat, dass das Fürstbistum Basel ihr angegliedert werde, und weil die intervenierenden Mächte das Schicksal dieses Landes definitiv regeln wollen, sind das genannte Bistum sowie das Territorium der Stadt Biel künftig Teil des Kantons Bern." Am 27. Mai 1815 wird dieser Entscheid von der Eidgenössischen Tagsatzung akzeptiert. 

1826 Xavier Stockmar, Olivier Seuret, Louis und Auguste Quiquerez schwören in den Ruinen des Schlosses Morimont, den Jura von der bernischen Oligarchie zu befreien.

1830 Die Liberalen von Pruntrut beteiligen sich an der Protestbewegung, die das bernische Patriziat zu Fall bringt.

1831 Manche Jurassier widersetzen sich der neuen,  liberalen bernischen Verfassung, weil diese darauf abzielt, die Kirche dem Staat zu unterstellen und ihr das Erziehungswesen zu entziehen.

1836 Der bernische Grosse Rat nimmt die Badener Artikel an, mit denen die römisch-katholische Kirche weitgehend unter staatliche Aufsicht gestellt werden soll. Darauf kommt es im Jura zu einem Volksaufstand. Der Kanton muss zwölf Infanteriebataillone zum Einsatz bringen, um die staatliche Autorität wieder herzustellen.

1847 Die Zuwanderung deutschsprachiger Arbeitskräfte im Südjura beunruhigt die frankophone Elite des Juras. Die Gründung der "Société Jurassienne d'Émulation" soll dazu beitragen, den drohenden Identitätsverlust zu vermeiden.  

1850 Militärische Besetzung des St-Immertales.

1863 Die jurassischen Abgeordneten im Grossen Rat wehren sich gegen die Steuerreform. Es entsteht eine separatistische Stimmung.  

1873-1875 Die politische Entwicklung im Jura wird durch den Kulturkampf geprägt. 37 katholische Priester und 226 Laien werden inhaftiert.

1893 Die bernische Verfassung wird im Jura mit 9984 gegen 2189 Stimmen abgelehnt.

1913 Die Berner Regierung stimmt der Verdeutschung zweier Ortsnamen zu (von La Scheulte zu Schelten, von Elay zu Seehof), da diese Orte mehrheitlich von Deutschsprachigen bewohnt werden. Als Reaktion darauf entsteht eine frankophone Gegenbewegung.

1942 Die Gemeinde Mont-Tramelan beschliesst, als Amtssprache nur noch Deutsch zu benutzen. In der französischsprachigen jurassischen Bevölkerung kommt es zu Protesten.

1947 Der bernische Grosse Rat weigert sich, dem jurassischen Regierungsrat Moeckli das Bau- und Eisenbahndepartement zu übergeben. Begründung: Seine Muttersprache sei Französisch. Darauf kommt es zu spontanen Protesten. Aus einer Protestaktion in Delémont (20. September) entstehen das gemässigte Comité de Moutier und das Mouvement séparatiste Jurassien (MSJ). Mitbegründer des MSJ ist Roland Béguelin.

1950 Die Berner Regierung macht der jurassischen Bevölkerung die folgenden Zugeständnisse: Sie anerkennt das jurassische Volk als ethnische Einheit. Das Französische wird als gleichberechtigte Amtssprache des Kantons anerkannt. Eine paritätische Kommission des Grossen Rates soll sich künftig mit jurassischen Angelegenheiten befassen. Zwei von neun Regierungssitzen werden der jurassischen Minderheit garantiert. Darauf kommt es zur Auflösung des Comité de Moutier.
Das Mouvement séparatiste Jurassien gibt sich mit "Rassemblement Jurassien" (RJ) einen neuen Namen und intensiviert seine Tätigkeit. Das "Fête du peuple jurassien", ein Gedenkanlass zur Affäre Moeckli, wird zu einem wichtigen Mobilisierungsinstrument der Separatisten.

1952 Gründung der antiseparatistischen Organisation "Union des patriotes jurassiens (UPJ).

1959 Die kantonale Initiative des Rassemblement Jurassien, die ein Juraplebiszit fordert, wird von den Stimmberechtigten abgelehnt.

1962 Marcel Brêchet und Michel Gury gründen die Gruppe "Bélier" (=Widder, Sturmbock) als separatistische Jugendorganisation. Im selben Jahr gründet Marcel Boillat, ein Gastwirt aus Sornetan, die "Front de libération jurassien (FLJ).  In den folgenden zwei Jahren verübt die nur drei Mitglieder umfassende FLJ mehrere Anschläge gegen militärische Objekte, kurz vor der Verhaftung Boillats (1964) aber auch auf Schienen der SBB bei Studen. Die Schweizer Öffentlichkeit wird auf den Jurakonflikt aufmerksam.

1962 Die Wahlen in den Grossen Rat verlaufen für das "Rassemblement Jurassien" recht erfolgreich. Die Bewegung erobert 11 der insgesamt 31 jurassischen Sitze.

1964 Der Kanton Bern verbietet autonomistische Kundgebungen, zum Beispiel solche an der Landesausstellung.

1967 Nach einer Reihe von Protestaktionen der Autonomisten und Separatisten lanciert die Berner Regierung einen Aktionsplan zur Lösung der Jurafrage. Zwei Lösungsmöglichkeiten werden vorgeschlagen: Der Verbleib des Jura beim Kanton Bern, verbunden mit einem Sonderstatus, oder eine Volksabstimmung zur Frage der Trennung des Jura.

1968 Nach mehreren Anschlägen auf militärische Objekte werden  im Nordjura stationierte Armeeeinheiten mit scharfer Munition auf Pikett gestellt. Die Geheimhaltung dieser Massnahme misslingt, darauf protestieren etwa dreissig Offiziere mit einem Brief an Bundesrat Gnägi.

1973 In Tramelan wird die antiseparatistische Jugendorganisation "Sangliers" (=Wildschweine) gegründet.

1974 Am 23. Juni kommt es im ganzen Berner Jura zur Volksbefragung. Mit 36 902 gegen 34 057 Stimmen befürwortet die Mehrheit der jurassischen Bevölkerung die Gründung eines eigenständigen Kantons Jura. In den Distrikten des Südjura und des Laufentals ergibt sich jedoch eine Mehrheit gegen die Trennung vom Kanton Bern.

1975 Eine zweite Volksbefragung ergibt  ähnliche Ergebnisse. Die Spaltung des Berner Jura zeichnet sich ab. Der Kanton Bern streicht die Zusagen an die Jurassier aus der Verfassung. Die Diskriminierung der separatistischen Minderheit im Südjura führt zu Protesten, die zu Gewaltaktionen und zu einer Welle der Repression führen.

1978 In der Eidgenössischen  Volksabstimmung vom14. September 1978 beschliesst eine klare Mehrheit der Stimmenden (82 Prozent), die Gründung des Kantons Jura zu unterstützen.

1979 Am 1. Januar erfolgt die Proklamation der "République et Canton du Jura".  Der neue Kanton umfasst im wesentlichen die Distrikte Pruntrut, Freiberge und Delsberg.

1984 Um ihr Ziel, die Vereinigung des Südjuras mit dem Kanton Jura, bekannter zu machen, lancieren die Béliers eine Serie von Aktionen. In Interlaken stehlen sie den Unspunnenstein aus dem Tourismus-Museum, in Les Rangiers reissen sie das Soldatendenkmal "Fritz" vom Sockel. In den folgenden Jahren richten sie ihre "Gewalt gegen Sachen" auf folgende Objekte: Das Gerichtsgebäude in Moutier (1985, Sprengstoffanschlag), die 400-jährige Justitia-Figur des Gerechtigkeitsbrunnens in Bern (1986) und die Holzbrücke in Büren (1989). Im Jahr 1993 stirbt der Separatist Christophe Bader, weil ein Sprengsatz vorzeitig explodiert.

1994 Der Bundesrat und die Kantone Bern und Jura verständigen sich auf einen Jura-Dialog. Nahziel ist die Versöhnung, ein mögliches Fernziel die Wiedervereinigung des Jura. Die Kantone Bern schaffen mit der "Assemblée interjurassienne" (AIJ) ein gemeinsames Konsultativorgan.  

1996 Eine eidgenössische Volksabstimmung unterstützt den Wechsel der Gemeinde Vellerat zum Kanton Jura. Der Kantonswechsel tritt am 1. Juli in Kraft.

2000 Die "Assemblée interjurassienne" (AIJ) fordert eine weitgehende Autonomie des Berner Jura. Diese soll das Fundament für eine engere Partnerschaft mit dem Kanton Jura werden.

2002 Die bernische Regierung beginnt mit der Verwirklichung eine grösseren Autonomie für den Jura. In den folgenden zwei Jahren erarbeitet sie ein Sonderstatut für den Berner Jura und die französischsprachige Gemeinschaft der Stadt Biel. Der neu geschaffene Bernjurassische Rat (BJR) hat die Kompetenz, im Schul- und Kulturbereich regionale Akzente zu setzen. Am 1. Juni 2006 nimmt er seine Tätigkeit auf.

2009 Der Schlussbericht der "Assemblée interjurassienne" präsentiert zwei Wege für die Zukunft des Juras. Der "Status quo" und die Schaffung eines wiedervereinigten Kantons Jura mit sechs Gemeinden werden als gleichwertige Möglichkeiten bezeichnet.

2012 Die Regierung des Kantons Jura und der Regierungsrat des Kantons Bern vereinbaren in einer Absichtserklärung, strittige  territoriale Fragen mittels Abstimmungen zu klären. 

2017 Die "Assemblée interjurassienne" löst sich auf.

2017 In einer Abstimmung über die Kantonszugehörigkeit in Moutier ergibt sich eine knappe Mehrheit für den Wechsel zum Kanton Jura. Das Abstimmungsergebnis wird jedoch vom Regierungsstatthalteramt des Berner Juras nicht anerkannt. 

2021 Eine zweite Abstimmung über die Kantonszugehörigkeit in Moutier ergibt erneut eine Mehrheit zugunsten eines Wechsels zum Kanton Jura. 


Quellen:

Vera Indermaur: Der Jurakonflikt. http://socio.ch/movpar/t_vinder1.htm, (27.01.2013)
Un peu d'histoire. http://groupebelier.ch, abgerufen am 27.01.2013
Béliers: http://de.wikipedia.org/wiki/ (28.01.2013)
François Kohler: Die bernische Zeit und das politische Leben. in: Jura (Kanton), http://www.hls-dhs-dss.ch, (27.01.2013)

 





Auteur: Christoph Lörtscher / Source: Verschiedene 2013