Historisches Archiv der Region Biel, Seeland und Berner Jura

Die Bieler Presse und der Nachkriegsboom

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Im Zweiten Weltkrieg war es jedoch äusserst schwierig, rechtzeitig und vor allem verlässliche Nachrichten zu erhalten. Darum liess Charles 1941 in der Redaktion den ersten Fernschreiber installieren. Auch baute er in den beiden Blättern des Verlags die lokale Berichterstattung aus. In jedem Dorf wurden lokale Korrespondenten verpflichtet. Die beiden Zeitungen verschmolzen auf diese Weise immer fester mit der Region.
 
Mit dem Zweiten Weltkrieg kam auch die Zeit des Mangels. Infolge der Papierrationierung verfügten die Behörden, dass pro Woche nur noch drei Ausgaben mit je sechs Seiten und drei Ausgaben mit je acht Seiten verlegt werden durften. Während des Zweiten Weltkrieges unterstand die Berichterstattung zudem den Normen des Presse-Notrechts. Einen publizistischen Alleingang, wie während des Ersten Weltkrieges, hätte die damalige Zensur nicht zugelassen. 1942 trat Willy, Charles einziger Sohn, ins Geschäft ein. Bis zum Tode von Charles, 1954, leiteten der eher besonnene Vater und sein Sohn das Unternehmen gemeinsam und begannen, sich nach neuen Expansionsmöglichkeiten umzusehen. Mit der Übernahme des in Schwierigkeiten geratenen zweisprachigen Konkurrenzblattes «Express», leitete der energisch auftretende Willy Gassmann 1955 eine Pressekonzentration auf dem Platz Biel ein. Unter seiner Führung stieg die Auflagenzahl sprunghaft an. Zählte das «Bieler Tagblatt» 1949 eine Auflage von 9000 Exemplaren, betrug diese 1958 bereits 22 000 Exemplare. Mit der damit einhergehenden Zunahme des Inseratevolumens wuchs auch der Zeitungsumfang. Aus diesem Grund wurde 1958 eine neue MAN-Rotationsdruckmaschine in Betrieb genommen.
 
Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte sich der Verlag, insbesondere das «Bieler Tagblatt»/«Seeländer Bote» und das «Journal du Jura» in Biel, im Seeland und im südlichen Jura fest etabliert. Die beiden Tageszeitungen verstanden sich als bürgerlich-neutrale Blätter. In der Jubiläumsausgabe des «Seeländer Boten», vom 1. Februar 1949, lesen wir:
 
«Parteipolitische Spekulationen und Ambitionen auf die Gunst dieser oder jener Richtung liegen uns fern, was uns gilt, ist dem seeländischen Volk aus und zu dem Herzen zu sprechen.»
 
Gegenüber den drängenden Konflikten, welche die damalige politische Diskussion zu beherrschen begannen, nehmen die Unternehmer jedoch eine klare Haltung ein, wenn sie weiter unten fortfahren:

«Während sich auf dem weltpolitischen Forum ein gigantisches Ringen zwischen West und Ost, der so genannte ‹Kalte Krieg› (...) abspielt, führen wir selbst in unserem räumlich kleinen Feld einen solchen Kampf, der entschieden gegen alle Verstaatlichungstendenzen und Enteignungen sowie die Verteidigung der persönlichen Freiheiten eingestellt ist, wie sie in unserer Verfassung verankert sind, ebenso hochhält wie den Gedanken demokratischer Regeln in der Bestimmung des Staatskurses.» (Ch. + W. Gassmann)



Autor: Matthias Nast / Quelle: 1920