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Georg Friedrich Heilmann und der Traum von einem Kanton Biel
Zwischen 1813 und 1815 zerfiel Napoleons Herrschaft über Europa. Die Siegermächte bemühten sich um die Wiederherstellung einer Gesellschaftsordnung, wie sie vor der Französischen Revolution bestanden hatte. Sie waren jedoch auch bereit, politische Neuerungen hinzunehmen - so engagierten sie sich in Bezug auf die Schweiz für eine Eidgenossenschaft aus gleichberechtigten Kantonen. An den Wiener Kongress, der die bisher noch nicht geregelten Probleme lösen sollte, entsandte die Stadt Biel im Oktober 1814 Georg Friedrich Heilmann. Der Bieler Gesandte sollte die Siegermächte dafür gewinnen, aus den südlichen Teilen des ehemaligen Bistums Basel einen Kanton Biel zu bilden.
Nach dem Zerfall der napoleonischen Herrschaft bemühten sich die Siegermächte, an den Grenzen Frankreichs einen "Cordon Sanitaire" zu errichten, der allfällige Expansionsbestrebungen der "Grande Nation" fortan unterbinden sollte. Um der Eidgenossenschaft eine besser zu verteidigende Juragrenze zu bieten, sprachen sie ihr im Pariser Frieden vom 30. Mai 1814 den grössten Teil des ehemaligen Bistums Basel zu.
Welche Rolle der Jura in der Eidgenossenschaft spielen sollte, war umstritten. Am 1. September 1814 richteten viele Gemeinden des Juras eine gemeinsame Erklärung an die Siegermächte und an die Tagsatzung, welche die Vereinigung mit der Eidgenossenschaft als eigener Kanton forderte. Das Ziel eines katholisch geprägten Kantons verfolgte auch der Baron d'Andlau, der das ehemalige Bistum Basel seit Januar 1814 im Auftrag der Siegermächte als Generalgouverneur verwaltete. Seine Herrschaft wurde jedoch nur im Nordjura anerkannt - die schon früher eidgenössischen Gebiete im südlichen Teil weigerten sich, ihm Steuern zu entrichten.
Dem Bieler Politiker Georg Friedrich Heilmann konnte die Zurückhaltung des Südjuras gegenüber dem Baron nur gefallen. Er setzte sich nämlich dafür ein, jurassische Gebiete enger mit der Stadt Biel zu verbinden und auf diese Weise einen Kanton Biel zu schaffen. Mit der Unterstützung der Bieler Behörden machte er sich am 4. Oktober 1814 nach Wien auf, um für sein grosses Ziel zu werben. Am Kongress gelang es ihm immerhin, die Pläne des Baron d'Andlau zu durchkreuzen.
Doch am 20. März 1815 verkündeten die Siegermächte, der grösste Teil des ehemaligen Bistums Basel sei dem Kanton Bern zuzusprechen. Der Jura sollte Bern für den Verlust des Waadtlands und des Aargau entschädigen, die eigenständige Kantone der Eidgenossenschaft geworden waren. Manche Berner beklagten damals, sie hätten für den Aargauer Kornspeicher und den Waadtländer Weinkeller einen jurassischen Holzschopf bekommen. Die Bedeutung der in Wien getroffenen Entscheidung reichte jedoch weiter als wirtschaftspolitische Überlegungen: Die Siegermächte legten das Fundament für den Jurakonflikt.
Heilmann fand sich bald damit ab, dass sein grosser Traum von einem Kanton Biel geplatzt war. Umgehend machte er sich daran, für Biel innerhalb des Kantons Bern die bestmöglichen Bedingungen herauszuholen.