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Genossenschaften in Biel
Die Vereinten Nationen haben das Jahr 2012 zum Jahr der Genossenschaften erklärt. In der Begründung wurde betont, Genossenschaften leisteten einen grossen Beitrag dazu, die Armut zu verringern, Arbeitsplätze zu schaffen und soziale Teilhabe zu sichern. Diese Funktionen der Genossenschaften waren auch in der Stadt Biel wirksam, wo Konsumgenossenschaften und Wohnbaugenossenschaften im späten 19. und im 20. Jahrhundert erfolgreich für die Anliegen der Arbeiterschaft wirkten. Noch heute spielen die Genossenschaften in der Uhrenmetropole eine wichtige Rolle.
In einer Genossenschaft ist die Ballung von Kapital und Macht in der Hand einer Einzelperson unmöglich: Ein Mitglied erhält nur eine Stimme, unabhängig davon, wie viele Anteilscheine es besitzt. Der Betriebsgewinn wird meistens reinvestiert, damit die Genossenschaft ihre Aufgabe besser wahrnehmen kann.
Frühe Formen von Genossenschaften in der Schweiz bildeten sich im 15. Jahrhundert im alpinen Raum, um die gemeinschaftliche Nutzung und Bewirtschaftung der Alpweiden zu regeln. Im 19. Jahrhundert gründeten Gewerbetreibende, Bauern, Handwerker und Arbeiter unter dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ zahlreiche Genossenschaften. Vor allem die Konsumvereine, die in vielen Fällen vom linksliberalen Grütliverein gegründet worden waren, entwickelten sich in der Regel erfolgreich.
Der erste Konsumverein in Biel wurde im Jahr 1851 vom Armenverein gegründet, allerdings noch in Form einer Lebensmittel-Sparkasse. Er verschwand nach wenigen Jahren, ebenso seine 1866 und 1876 gegründeten Nachfolger, die als Aktiengesellschaften organisiert waren. Erst der 1891 ins Leben gerufenen Konsumgenossenschaft Biel war dauerhafter Erfolg beschieden.
Für Biel besonders wichtig sind die Wohnbaugenossenschaften. Im Jahr 2011 betrug der Marktanteil der Genossenschaftswohnungen stolze 18 Prozent – ein Wert, der nur von der Stadt Zürich noch leicht übertroffen wurde. Die erste Bieler Wohnbaugenossenschaft, im Jahr 1889 unter dem Namen „Klein, aber Mein“ gegründet, blieb lange die einzige. Der Aufschwung des genossenschaftlichen Wohnungsbaus setzte erst infolge der Wohnungsnot nach dem Ersten Weltkrieg ein, als die Behörden des „Roten Biel“ den Wohnbaugenossenschaften zu günstigen Konditionen Land zur Verfügung stellten. Damit leistete die mehrheitlich sozialdemokratisch geführte Stadtregierung nicht nur einen Beitrag zur Linderung der Wohnungsnot - in den Genossenschaftssiedlungen entstand ein Gemeinschaftsgeist, der das Ziel, die soziale Teilhabe zu fördern, in idealer Weise erfüllte.