Historisches Archiv der Region Biel, Seeland und Berner Jura

Kein Öl in Hermrigen

Seeland - Bodenschätze - Energie




Die Berner Regierung erteilte, nationales Interesse eilfertig wahrnehmend, eine Erschliessungsbewilligung. Da es sich bei der Versuchsbohrung um eine Angelegenheit von nationalem Interesse handelte - Hermrigen wurde bereits voreilig als das «Dallas im Seeland» herumgereicht - mussten die Landbesitzer mit einer Enteignung des Bohrgeländes für Forschungszwecke rechnen. Und genau diese Landbesitzer wurden langsam misstrauisch, als sie gemäss bernischer Bergbaugesetzgebung belehrt wurden, dass alle Bodenschätze dem Staat gehören und nicht etwa dem Grundeigentümer.

Sicher mit ein Grund, dass sich im 280-Seelen-Dorf im Amt Nidau ein «Aktionskomitee gegen die Bohrversuche» bildete. Diesem missfiel vor allem die Art und Weise des Vorgehens der Ölsucher. Die Bevölkerung wurde anfänglich schlecht oder gar nicht informiert. Vermessungstechniker stolzierten ohne Rücksprache mit den Besitzern auf dem in Frage kommenden Bohrgelände umher und schafften dadurch böses Blut. Der Regierungsstatthalter wurde von den kantonalen Behörden ganz einfach übergangen. Dazu kam, dass die ursprünglich vorgesehene Bohrstelle just neben dem Friedhof ausgemacht wurde. Geologisch wäre es an sich vernünftig gewesen, gerade dort mit der Bohrung anzusetzen, denn genau hier sollte sich, wie die Geologen vermuteten, der höchste Punkt einer erdölverdächtigen Gesteinsformation befinden.

Obwohl das Erdölkonsortium kuschte und einen neuen, um 500 Meter verschobenen Standort im Oberfeld vorschlug, gab die Baubewilligung für den Bohrturm weiter zu reden. Weil dieser bloss provisorisch errichtet werde, brauche es dafür keine Baubewilligung, hiess es auf amtlichem Papier unmissverständlich. Der Bohrturm sei als blosse Bauplatzinstallation zu betrachten, den Anwohnern stehe daher kein Mitspracherecht zu. Der Bohrer drehte sich nach dreijährigem, mühsamem Kampf um die Bohrbewilligung erstmals am 21. Juni 1982. Am 22. September des gleichen Jahres, also 94 Tage später, wurde er in einer Tiefe von 2198 Metern für immer angehalten und demontiert. Keine Spur von Öl! Wohl wurde das Vorkommen gasförmiger Kohlenwasserstoffe bestätigt. Aber die ungenügende Ergiebigkeit und die gleichzeitige Gegenwart grosser Salzwassermengen führten zum Entscheid, auf eine Förderung zu verzichten. Nachwehen soll es in Hermrigen keine gegeben haben. Die Ölbohrer hätten sich in jeder Beziehung grosszügig gezeigt, tönt es heute auf Anfrage. In die Gemeindekasse flossen pro Bohrtag (94 waren es) Fr. 500.-. Die Entschädigung für die Grundeigentümer lief noch weitere drei Jahre, bis die Rekultivierung vollends abgeschlossen war.



Autor: Fritz Probst / Quelle: 1980